Phil lebte polyamor, hatte teilweise vier Sexbeziehungen parallel. Doch trotz Sex ohne Ende fühlte er sich leer und unglücklich. Bis er sich verliebte. In der monogamen Beziehung lernte er viel über sich selbst und verstand etwas Wichtiges für sich: Polyamorie war seine Sucht, Monogamie ist seine Heilung und sein persönliches Wachstum.

Ich habe einige Jahre meines Lebens polyamor gelebt, hatte in der Hochphase vier feste Affären parallel, plus wechselnde One-or-more-Night-Stands. Ich nannte es „Freundschaft mit Sex” und alle Beteiligten wussten davon und waren okay damit, dass es für beide Seiten nicht exklusiv war.

Polyamorie als Sucht

In dieser Zeit wurde ich beneidet von meinen Kumpels und lebte den Traum eines jeden Junggesellen. Aber so beneidet ich auch war, tief in mir drin fühlte es sich gar nicht gut an. Alles drehte sich um das Klarmachen der nächsten Frau – und je mehr ich hatte, desto mehr wollte ich. Es wurde das Einzige, was ich tat und der Rest des Lebens wurde zur Nebensache. Innerlich war ich leer und unglücklich, Polyamorie war wie eine Sucht. 

Und nicht nur das: Im Nachhinein fühlt es sich so an, als hätte ich bei jeder Frau einen Teil von mir gelassen. Die Verbindung zu mir war nicht mehr existent, ich hielt Zeit mit mir alleine kaum aus. Mein polyamorer Lifestyle war zu einer Fluchtmöglichkeit vor mir selbst geworden. 

Monogamie: Liebe statt Sucht

Während dieser Zeit suchte ich nach Partygirls, die aus sich heraus gingen und Stimmung machten. Genau eine solche Frau brachte mich dann Ende 2011 ungewollt zur Vernunft. Sie bekehrte den Player mit einem Augenaufschlag, denn ich verliebte mich auf den ersten Blick in sie und führte danach mit ihr eine dreijährige monogame Beziehung. Das war dir Rettungsleine aus meiner polyamoren Sucht, denn diese Frau zeigte mir den Weg zu mir selbst, auf dem ich nach einiger Zeit erkannte, dass meine Sex-Eskapaden eine Form von Materialismus waren.

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Ja, ich will

Polyamorie macht süchtig

In den nächsten zehn Jahren (also auch nachdem unsere Beziehung beendet war) beschäftigte ich mich mit Psychologie und dem Potenzial des Menschen und entdeckte, dass alles Energie ist, selbst der Mensch und dessen Körper. Ich lernte, das die stärkste aller Energien die Liebe ist. 

Doch es gibt in uns auch andere Energien, die miteinander kämpfen. Vor allem zwei Energien stehen für mich in Konkurrenz zueinander: die Liebe und das Haben wollen bzw. das Besitzstreben oder der Materialismus. Ich habe für mich begriffen, dass Zweiteres mich schwächt und zum Nachteil für meine Beziehung ist. 

Polyamorie ist Kontrolle, Besitz, Sucht

Liebe ist eine unendliche Energie, ein Zustand der Einheit und Freude, das weiß jeder Mensch, der schon verliebt war. Doch man kann dieses Gefühl nicht besitzen, man kann sich diesem Zustand nur immer wieder annähern. Die Liebe ist Schöpferkraft, wir schöpfen bei jeder Aktivität daraus und erschaffen damit unser ganz persönliches Leben. Dies gilt für die Familiengründung, aber noch viel mehr für jegliche Aktivität, bei der wir Lust oder Freude (auch ohne sexuelle Gedanken) empfinden. Sogar, was wir beruflich erschaffen, kann somit der Liebe, der Lust oder anders gesagt unserer sexuellen Energie entspringen.

Obwohl unmöglich, versucht der Mensch immer wieder, sich der stetigen Veränderung im Innen und im Außen zu entziehen. Er tut alles, um sein persönliches Umfeld zu kontrollieren und den Status quo zu erhalten. Dieses Streben nach Besitz und Kontrolle findet sich in der anerkannten Wirtschaftsform, dem Kapitalismus, wieder aber auch in jedem Menschen selbst. 

Polyamorie: Kapitalismus gilt auch im Bett

Mit meinem ausschweifendem Sexleben habe ich unbewusst versucht, die Liebe in Form des Aktes der Liebe dauerhaft festzuhalten. Es ging mir um den Besitz dieses Gefühls. Kein Wunder, dass ich, im wahrsten Sinne des Wortes, dabei immer leerer wurde, schließlich entleerte ich mich ja selbst täglich ein bisschen mehr. Die Polyamorie erschöpfte mich, anstelle aus der Liebe zu schöpfen. Polyamorie war zur Sucht geworden, zum Krafträuber.

Mir wurde langsam klar, dass dieses Streben nach Besitz und Kontrolle das gesamte Leben in unserer westlichen Gesellschaft prägt. Leistung und Wettbewerb finden sich in Sport, Bildung, Forschung und ebenso im Schlafzimmer wieder. Selbst spirituelle Praktiken wie Meditieren, Yoga und Beten wurden von dieser Motivation unterwandert. Ich weiß heute, dass ich mich von der Liebe entferne, wenn es mir nur um das Anhäufen neuer, erotischer Spielgefährtinnen geht oder darum, leistungsfähiger als andere zu werden. Ich habe auch begriffen, dass wenn es mein Ziel ist, reicher zu sein, egal ob an Erkenntnis, Sex, Geld oder Macht, dass ich dann bereits dem kapitalistischen Streben erlegen bin. 

Monogamie: Warum nicht alles mit einer erleben?

Ich war am Boden zerstört, als mir klar wurde, wie tief dieser materialistische Einfluss in meinem (Liebes-)Leben ist. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich verrannt hatte. Ich glaubte bei der Polyamorie, dass ich aus Liebe handelte und liebevoll war mit allen meinen oberflächlichen Beziehungen. Fakt war aber, dass ich tief im Materialismus steckte. Meine Polyamorie hatte mich süchtig und blind gemacht.

Es sollte im Leben immer wieder, um das Überwinden des Strebens nach Besitz und Kontrolle gehen, damit wir in einen (vorübergehenden) Zustand der unendlichen Liebe eintauchen können. Das ist jedoch nicht jedermanns Sache. Viele sagen: „Schwachsinn, ich will doch nur Sex und eine gute Zeit haben!”. Sie wollen mehr Würze ins Sexleben bringen oder sich sexuell austoben. Aber warum es nicht mit der eigene*n Partner*in entdecken? Was ich mit einer zweiten oder dritten Person erleben kann, könnte ich auch mit dem eigene*n Partner*in erleben, wenn ich mich darauf einlasse. Die Voraussetzung dafür ist aber das Überwinden des eigenen sexuellen Materialismus. 

Von der Polyamorie zum Tanz der Liebe

Meine Erfahrung ist das beste Beispiel dafür: Der Drang nach einem neuen Körper, der Energie einer anderen Frau, war immer da. Doch durch meine Erfahrungen weiß ich heute: Es ist nicht gut und erfüllend für mich. Ich habe mich entschieden, meine Liebe ausschließlich mit meiner Partnerin zu teilen. Das ist in meinen Augen eine wirkliche Beziehung und nur dadurch verliert für mich die Leistung, der Materialismus und der Kontrollwahn an Bedeutung. 

Meine (neue) Partnerin ist perfekt für mich – und unseren gemeinsamen Tanz der Liebe. Ich habe begriffen, dass es meine (unsere) Aufgabe ist, diesen Tanz immer wieder interessant und abwechslungsreich zu gestalten und neue Schritte zu üben. Dazu haben wir uns unabhängig voneinander zum ewigen Lernen bekannt. 

Bewusstseinsarbeit ist unumgänglich

Um das sexuelle Lernen und Wachsen hinzubekommen, ist es nötig, dass sie und ich 1) unsere persönlichen Bedürfnisse erkennen, 2) sie kommunizieren und dann 3) die beiderseitige Offenheit besitzen, diese neuen Aspekte durch gemeinsames Üben in unseren gemeinsamen Tanz der Liebe einfließen zu lassen. Das braucht Einfühlungsvermögen, Geduld und den Willen zu lernen. Es braucht Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen.

Für mich liegt die Herausforderungen nicht in der Sexualität, sondern im Lieben, im Lernen und im sich gemeinsamen Entwickeln. Gerade weil in einer Beziehung zwei Menschen, die sich ewig in Veränderung befinden und vereinen, entsteht ein gemeinsames, lustvolles und abwechslungsreiches Leben. Aus diesem Grund sage ich stopp, zum Suchtmittel Polyamorie! Ich entdecke lieber unser zweisames, unendliches Potenzial”.

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