Analsex ist immer noch ein großes Tabuthema. Viele Frauen denken „igitt“ oder „aua“ beim Gedanken anal verwöhnt zu werden. Sexualberaterin Heike Niemeier erklärt: Wie kann eine
Frau ihrer Skepsis und ihren Vorurteilen gegen Po-Sex begegnen und sie eventuell sogar abbauen.
„Schlechte und übergriffige Erfahrungen erzeugen bei mir Abwehr. Wenn es um ‚anal‘ in meinem Sexleben geht, bin ich immer auf Abwehr.“ So begann ein Gespräch mit einer Klientin, die große Angst und Skepsis vor Po-Sex hatte.
Beim Gespräch mit ihren Freundinnen sagten die hingegen: „Das ist so intensiv“ oder „Da sind so viele Nerven, super erregend“. Deshalb wollte sie es eigentlich gerne ausprobieren und vielleicht sogar für sich entdecken.
Ein spannender Text zum Thema:
Analmassage: unsere Tipps für den vollen Geschmack
Vorurteile gegen Analsex
Ich habe dieses Thema recht häufig in meiner Praxis zu Gast. Und fast immer ist es ein unerwünschter Gast, der mit vielen Vorurteilen und Klischees behaftet ist. Das gängigste ist,…:
…dass Analsex schmerzhaft ist und mit Kot in Zusammenhang gebracht wird.
Analsex richtig praktiziert muss weder schmerzhaft noch in einer Welle des Kots enden. Das bedeutet in Kürze ausgedrückt:
beiderseitiges Einverständnis
genügend Zeit
und keine Hektik
viel Gleitgel
Kondome
und ein Safeword, wenn die Grenze erreicht ist, über die niemand der Beteiligten gehen
möchte.
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So näherst du dich Analsex?
Doch in diesem Artikel geht es mir nicht darum, Analverkehr zu erklären, sondern in erster Linie darum, dass etwas Negatives durchaus in etwas Positives verwandelt werden kann.
Eines Tages kam bei meiner Klientin der Wunsch auf, nicht mehr zusammenzucken zu müssen, wenn ein Mann ihren Po berührte. Sie wollte ihre Skepsis vor Po-Sex ablegen, denn selbst sanftes Berühren im Sinne von streicheln und massieren erzeugte schon ein Wegzucken irerseits. Zu der Zeit nämlich gab es einen Mann an ihrer Seite, der ihren Po schön fand und auch gerne verwöhnen wollte (verwöhnen im Sinne von berühren, streicheln und massieren). Da er dies kommunizierte und nicht einfach über sie hinweg ging, fühlte sie einen Freiraum zu agieren. Sie hatte das Vertrauen, sich mit ihm in diese Richtung wagen zu können.
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Mein Tipp, um Skepsis vor Analsex abzubauen?
Ich empfahl ihr einen Analmassage-Workshop, um ihre Skepsis vor Po-Sex abzulegen. Hier könnte sie in einem geschützten Raum erste positive Erfahrungen machen. Nachdem sie einen Workshop gefunden und gebucht hatte, war ich natürlich gespannt, welche Erfahrungen sie dort machen würde.
Später erzählte sie mir: Sie ist mit Herzklopfen, schweißgebadet und sehr aufgeregt zur vereinbarten Zeit hingegangen. Sie wurde sehr freundlich empfangen und teilte all ihre Ängste sofort mit. Das hatten wir gemeinsam bearbeitet und besprochen. Ihre Ängste und Skepsis wurden sehr ernst genommen und sie empfand nach kurzer Zeit Vertrauen. Sie blieb also und verabschiedete sich nicht sofort wieder.
Schluss mit der Skepsis vor Analsex?
Das Programm begann mit Tanzen zum Lockerwerden. Hier stellte sie sich die Frage: Ist dieser Workshop wirklich meiner? Danach stand in den Po atmen auf dem Plan. Sie war immer noch unsicher, ob es der richtige Workshop für sie sei. Doch sie blieb und dann ging es weiter. Schritt für Schritt wurden die Teilnehmer*innen in die Kunst der Analmassage eingeführt (Bitte in diesem Kontext nicht missverstehen 😉
mit warmen Tüchern den Po verwöhnen
erste Berührungen mit den Händen ausführen und Kontakt aufnehmen
erste Massage der Pobacken
schwarze Latexhandschuhe anziehen (die fand sie übrigens sehr sexy)
den Po mit Gleitgel einreiben und massieren
sich der Rosette nähern und massieren
und letztlich wird dann der Finger langsam von der Partnerin eingeatmet (bislang hatte meine Klientin in ihrer Abwehrhaltung immer gedacht, dass der Finger einfach in den Po gesteckt wird)
Ein kleiner Tipp: Niemals vom Po in die Vagina fassen. Das kann sehr schmerzhafte und unschöne Infektionen auslösen.
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Die Po-Time zu zweit richtig genießen
Alles geschah ganz langsam, entspannt und immer im beiderseitigen Austausch mit der
Workshop-Partnerin. Zu jeder Zeit war es möglich, nein zu sagen und nicht weiter zu gehen. Der Kurs war zu Ende und nachdem sie noch einen Wein getrunken hatte, ging sie nach Hause und fand sich sehr mutig. Dem kann ich nur zustimmen.
Später hat sie mir berichtet, dass ihre Analmassage beim Partner großen Anklang fand und seine Erregung für sie ebenfalls sehr erregend war. Und sie hatte sogar den Mut sich auch von ihm anal verwöhnen zu lassen. Die ersten Berührungen und Massagen gefielen ihr. Sie konnte ihren Po als erogene Zone nun nicht nur wahrnehmen, sondern auch akzeptieren. Ihre Skepsis vor Po-Sex war geschrumpft und sogar die Vorstellung von Analverkehr rückte in ihre Vorstellung. Wow, was für ein Schritt.
Ich freue mich sehr darüber und wünsche beiden weiterhin viel Spaß. Und ich finde es wunderbar, dass dieser Mann ihr den Raum und die Zeit dazu gegeben hat und auch weiterhin geben wird. Denn wichtig ist auch hier, wie immer, miteinander zu reden. Wünsche und Träume an das Sexuelle offen aussprechen zu dürfen, aber eben auch Verständnis zu zeigen, wenn es dann trotz eines mutigen Ausprobierens nicht den Vorlieben des anderen entspricht.
Heike Niemeier hatte eine erfolgreiche Veranstaltungsagentur, aber keinen Spaß mehr in ihrem Job. Mit Ü50 stellte sie ihr Leben auf den Kopf. Mit dem Perspektivwechsel kam eine neue Berufung: Systemischer Coach und Sexualberaterin. Und so viel mehr Leichtigkeit und Freude im Leben. Für Happy Vagina schreibt sie über Laune(n), Lust und Leidenschaft. (Foto: Stefan Zeitz)