Der erste Sex nach der Geburt ist manchmal eine Herausforderung. Keine Lust, Schmerzen, fehlende Sexyness oder diffuse Ängste. Unsere Gastautorin Anne Kleese schreibt in ihrem neuen Buch „Du Wunder! Warum Mütter perfekt sind, wie sie sind“ auch darüber.
Mein erstes Mal Elternsex passierte ungefähr nach drei Monaten. Drei Monate nach der Geburt meines Sohnes das erste Mal Sex als Mutter. Ich hatte mich vorher oft gefragt, ob es anders sein würde. Immerhin schiebt sich das Becken auseinander, es lockert sich die Symphyse und dann schraubt sich ein Kind durch den Unterleib ans Licht der Welt. Meine Erinnerungen an dieses zweite Erste Mal sind allerdings nur noch schemenhaft. Ich weiß noch, dass ich danach irgendwie erleichtert war, so nach dem Motto: Okay, es funktioniert alles noch.“
Elternsex: sexuell neu finden
Mit den drei Monaten lagen mein Freund und ich damals ziemlich im Schnitt beim Elternsex. In Studien zur postpartalen Sexualität wird ein ähnlicher Zeitraum genannt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Geburtsverletzungen, Schlafentzug, Zeitmangel, Stress. Viele Paare müssen sich, nachdem sie Eltern geworden sind, sexuell wieder neu finden.
Auch berichten viele von Lustlosigkeit. Das kann bei Frauen hormonell bedingt sein. Bei mir war es eher das Gefühl der fehlenden Sexyness. Das fing schon in den letzten Wochen der Schwangerschaft an: Trotz schummrigen Lichts und der für meine Verhältnisse üppigen Brüste fehlte mir irgendwie die Vorstellungskraft für Sex mit XXL-Bauch und Wasserbeinen. Hinzu kam die fehlende Beweglichkeit und dass ich schon nach drei Treppenstufen aus der Puste war. In der Zeit des Wochenbetts hatte ich dann erst einmal andere Sorgen – als Sex. Zum Beispiel, dass das Stillen nicht so funktionierte, wie ich gedacht hatte.
Nicht zufrieden mit der Beziehung
Weil das vielen so geht, sind die elterliche Paarbeziehung und Elternsex sogar Gegenstand der internationalen Forschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf untersuchten kürzlich im Rahmen der Studie „GeSiD – Gesundheit und Sexualität in Deutschland“ die Beziehungsqualität und Beziehungsnähe von Paaren mit und ohne Kinder.
Dabei kam heraus, dass sich die überwältigende Verantwortung von Müttern und Vätern, die oft sehr begrenzte Zeit, die Belastung und Erschöpfung durch die Elternschaft negativ auf die Beziehungszufriedenheit von Paaren auswirken. Auffällig ist, dass jüngere Kinder bis zum Alter von sechs Jahren insbesondere die Beziehungsqualität für die Mütter beeinflussen, während ältere Kinder zwischen sieben und siebzehn Jahren die der Väter negativ beeinflussen.
Ran an die Brüste
So oder so – Elternsex ist nie ganz unproblematisch. Man weiß nie so genau, wann das Baby wieder aufwacht und Muttermilch nimmt keine Rücksicht darauf, wer sich an den Brüsten zu schaffen macht.
Auch der Umstand, dass das Geschlecht der Frau nun nicht mehr „nur“ Lustorgan ist, sondern auch Geburtskanal war: Wie seltsam ist es, dass die Vagina während der Geburt plötzlich einen anderen Namen erhält, der sich allein auf die Reproduktion bezieht? Darüber habe ich mir vorher überhaupt keine Gedanken gemacht. Seit ich Mutter bin, habe ich viele Fragen.
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Leiert die Vagina aus?
Hartnäckig hält sich der Mythos, die Vagina würde bei einer spontanen Geburt ausleiern. Tatsächlich gibt es dafür keine Belege. Sechs Wochen nach der Entbindung soll kein Unterschied mehr zu erkennen sein. Trotzdem gibt es US-amerikanische Kliniken, die mit dem Slogan „Save your love channel“ für Wunschkaiserschnitte werben. Was für ein Quatsch.
Ich selbst brauchte etwas, um mich überhaupt wieder sexy zu fühlen. Ich fand den „mummy tummy“ befremdlich. Dazu kam, dass zwischen Windeln wechseln und Füttern kaum Zeit blieb, mich mit mir selbst zu beschäftigen. Aber beim Elternsex gilt wie im ganzen Leben: Je besser wir uns selbst kennen, desto eher wissen wir, was uns guttut. Letztendlich stand mir vor allem ein Körperteil im Weg: mein Kopf. In ihm wollten die Attribute „mütterlich“ und „sexy“ einfach nicht zusammenpassen. Mit der Zeit relativierte sich das und ich konnte die verschiedenen Rollen besser miteinander vereinen. Was mir geholfen hat, war die Erkenntnis: Ich bin nicht allein, es geht auch anderen so.
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Zur Autorin
Anne Klesse. Freie Journalistin in Hamburg: anneklesse.de
Nach dem Volontariat an der Axel Springer Journalistenschule war sie von 2007 bis 2015 Redakteurin der Welt, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost in Berlin. Während der Elternzeit machte sie sich selbständig und schreibt seither freiberuflich für unterschiedliche Publikationen, u.a. sz-magazin.de, zeit.de, Welt am Sonntag und Eltern Family.