Viele Frauen kennen das Gefühl, dass es sich im Intimbereich zu trocken anfühlt. Es tut weh, brennt, ist wund und kann sogar leicht bluten. Wie Scheidentrockenheit entsteht und was kann Frau dagegen tun, erklärt Dr. Maya Fehling. 

Die erste wichtige Nachricht ist, dass Scheidentrockenheit etwas ganz Häufiges ist! Auch wenn nicht gerne darüber gesprochen wird, sei es aus Scham, aus Angst nicht normal oder sogar krank zu sein. 

Ein paar Basics zu Vulva & Co: 

  • Die Scheide oder auch Vagina ist der innere Bereich, den Frau von außen nicht sehen kann und wo sich der Tampon, der Dildo oder beim Geschlechtsverkehr der Penis befindet. 
  • Die Vulva ist dagegen der Bereich, den du sehen kannst, wenn du einen Handspiegel zwischen deine Beine hältst. 
  • Bei der fälschlich genannten „Scheidentrockenheit“ geht es um Veränderungen der Feuchtigkeit sowohl in der Vulva als auch in der Vagina, also die vulvo-vaginale Feuchtigkeit.
  • Was heißt denn „zu trocken“? Es gibt keine Definition von „zu trocken“. Häufig geht es dabei um ein Gefühl der Veränderung, die vulvo-vaginale Feuchtigkeit hat sich so verändert, dass etwas, was vorher angenehm war, nun brennt oder schmerzt. Solche Schmerzen können dazu führen, dass Frau verständlicherweise keinen penetrativen Sex mehr möchte.

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Hormone steuern die Feuchtigkeit

Die Menge an Feuchtigkeit in deinem Intimbereich wird von Hormonen gesteuert. Hierbei spielt das Hormon Östrogen die größte Rolle. Ganz einfach gesagt: 

  • mehr Östrogen führt zu mehr Feuchtigkeit,
  • weniger Östrogen führt zu weniger Feuchtigkeit.

Auslöser für weniger Östrogen

Was führt zu weniger Östrogen? Wenn du die Zusammenhänge verstehst, ergibt sich häufig auch, wie du die eigene Feuchtigkeitsproduktion unterstützen kannst und somit Scheidentrockenheit vorbeugen kannst.

Zyklus und hormonelle Verhütung

In der ersten Hälfte des Zyklus, also vor dem Eisprung steigt das Östrogen an und fällt kurz nach dem Eisprung ab. Die Feuchtigkeit ist also um den Eisprung am höchsten und in der zweiten Hälfte des Zyklus am niedrigsten. Bei der hormonellen Verhütung, z. B. durch Pille, Hormonspirale oder Vaginal-Ring, wird der weibliche Körper künstlich in der zweiten Hälfte des Zyklus gehalten, was sich bei vielen Frauen negativ auf die vulvo-vaginale Feuchtigkeit (und die Libido) auswirkt. 

Es gibt bei der hormonellen Verhütung viele verschiedene Hormonpräparate. Allerdings wird es nie ganz ohne Hemmung von Östrogen gehen, da die Wirkung davon abhängt. Frage deine Frauenärzt*in nach alternativen hormonellen (z. B. Minipille, Hormonspirale) und nicht-hormonellen Verhütungsmethoden (z. B. Kupferspirale).

Stillzeit

Für die Milchproduktion ist das Hormon Prolaktin verantwortlich, das wiederum den Eisprung hemmt. Daher haben die meisten Frauen, die voll stillen, keine Periode. Wenn das Baby voll gestillt wird, steigt der Östrogenlevel erst nach dem 6. Monat wieder. Es ist sehr individuell, wann das Östrogen wieder so hoch ist, wie vor der Schwangerschaft. Es kommt häufig vor, dass sich erst nach vollständigem Abstillen die vulvo-vaginale Feuchtigkeit wieder normalisiert. 

Falls du vorher penetrativen Sex mochtest, achte auf ausreichend Gleitmittel.

Sex, Stress und andere Ablenkungen

Wie die vulvo-vaginale Feuchtigkeit hängt auch deine Libido großteils von deinem Östrogenlevel ab, d. h. erhöhtes Östrogen führt zu mehr Lust auf Sex. Wenn du aber keine Lust auf diese Art von Sex mit dieser Person hast, dich in deinem Körper oder der Situation gerade nicht wohlfühlst oder wenn du im Kopf noch bei der Arbeit oder bei den Kindern bist, dann steigt auch der Östrogenlevel nicht an und du wirst nicht feucht. Bei sehr viel Stress sinkt übrigens der Östrogenspiegel und dementsprechend verringert sich die Feuchtigkeit und das führt zu Scheidentrockenheit.

Worauf hast du Lust? Nichts muss, alles kann. Erforsche deine eigene Sexualität, fühle dich in deinem Körper wohl und versuche, mit Achtsamkeit im Leben dich auf das Hier und Jetzt einlassen zu können und lerne über deine Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren.

Menopause

Meist nach dem 40. Lebensjahr beginnt der Körper, die Fortpflanzung als abgeschlossen zu betrachten und spart sich die Energie für Eisprünge. Der Östrogenspiegel sinkt und damit auch die Feuchtigkeit der Vulva und Vagina. Leider berücksichtigt der Körper dabei nicht, dass Frau trotzdem noch gerne Sex haben möchte und eine feuchte Vulva dafür angenehmer ist.   

Die Hormonersatztherapie ist ein viel diskutiertes Thema und hat Vor- und Nachteile. Durch die Einnahme von Östrogen wird versucht, dieses auf dem gleichen Niveau wie vor der Menopause zu halten und damit bleibt auch die Vulva und Vagina feuchter. Wenn ein solcher Hormonersatz nicht gewünscht ist, kann Frau Cremes, Gels oder Vaginal-Tabletten für den Intimbereich nutzen, mit oder ohne Hormone. In einer größeren Studie wurden jedoch diese hormonellen und nicht-hormonellen Intim-Tabletten und Gel mit Placebo verglichen. Die Placebo Variante war genauso gut! Also vielleicht dann doch die bewährten und günstigeren Gleitmittel.

Medikamente, Drogen und medizinische Eingriffe

Neben der Pille senken bestimmte Psychopharmaka und Antidepressiva wie auch die Entnahme der Eierstöcke den Östrogenlevel. Bei der Chemotherapie bei Brustkrebs wird die östrogen-hemmende Wirkung eingesetzt, um das Krebswachstum zu stoppen. Medikamente, die bei Erkältung oder Allergie die Sekretionen der Nase und Augen mindern (z. B. Nasenspray oder Antihistaminika), können sich auch auf die Feuchtigkeit im Intimbereich auswirken.

Des Weiteren kann Nikotin und Alkohol die Feuchtigkeit verringern und zu Scheidentrockenheit führen, wie anscheinend auch der Konsum von Cannabis.

Meist sind die Nebenwirkungen der Therapien bekannt und Frau muss abwägen, ob die Vorteile der Therapie die Nebenwirkungen und damit die Nachteile wie „Scheidentrockenheit“ überwiegen. Sonst bleiben Gleitmittel. 

Andere Einflüsse, die Ausflüsse verringern

Neben den häufigen Östrogen-abhängigen Gründen gibt es noch bestimmte Erkrankungen, die vulvo-vaginale Feuchtigkeit verringern können, wie Diabetes, Multiple Sklerose, Sjögren’s Syndrom, Lichen Sclerosus.

Kurzfristig sind hier v. a. Gleitmittel angesagt.

Dr. Fehlings 8 Tipps bei „Scheidentrockenheit“

  1. Hast du eine Ahnung, woran es bei dir liegen könnte? Kannst bzw. möchtest du den Grund beseitigen? Sprich mit deiner Frauenärzt*in darüber.
  2. Falls noch nicht geschehen, spreche unbedingt mit deinem Sexpartner oder deiner Sexpartnerin darüber, teile gerne diesen Artikel. Scheidentrockenheit kommt häufig vor und ist nicht „dein Problem“ sondern ein gemeinsames, denn wenn beide daran denken und darauf achten, wird es auch für beide wieder schöner. 
  3. Sich Zeit lassen! Oft gibt es einen gewissen Druck oder eine Erwartungshaltung, die die Situation und damit die Feuchtigkeit außerdem negativ beeinflussen.
  4. Sex muss nicht penetrativ sein. Überlege dir, was dir beim Sex wichtig ist. Ist dir die Penetration wichtig? Ist dem/der Partner*in die Penetration wichtig? Was gibt es nicht-penetratives, was dir beim Sex gut gefällt? Es gibt auch viele wunderbare Möglichkeiten, die eigene Sexualität auszuleben, auch gemeinsam. Sprich auch darüber in deiner Partnerschaft.
  5. Pflege deine vaginale Flora (richtig), d. h. keine Seife oder Duftstoffe im Intimbereich – das fördert Scheidentrockenheit. 
  6. Oralsex und Spucke können helfen. Einfach ausprobieren, ob die Menge an Speichel ausreicht, um es lange genug feucht genug werden zu lassen. ABER ACHTUNG: Einige Geschlechtskrankheiten werden auch durch Spucke übertragen!
  7. Gleitmittel sind häufig die erste Wahl, wenn die Frau penetrativen Sex möchte. Gleitmittel sollten auf Wasserbasis hergestellt sein, also wasserlöslich sein. Probiere ein paar durch und finde, was sich bewährt. Achte auf gute Qualität und Bio-Inhaltsstoffe. Lass es den/die Partner*in wissen. Es sollte nicht immer die betroffene Frau sein, die das Gleitmittel kauft! 
  8. Großzügig Vulva, Vagina und Penis und/oder Sextoy befeuchten. Am besten ins gemeinsame Spiel einbauen und auch während des Sex öfter auftragen, da es schnell wieder austrocknet an der Luft.  

Dr. Maya Fehling und ihr Start-up being female sammelt echte Erfahrungen von Frauen. Hier findest du eine Story zu: Scheidentrockenheit https://www.beingfemale.de/storyblog/lia-41-libido