Stell dir vor, du stehst mit deinem neuen Schwarm nach einem wunderschönen Date vor deiner Haustür. Der Sternenhimmel funkelt über euch, die Grillen zirpen und ihr seht euch lange in die Augen. Dann beugt er sich zu dir und raunt dir ins Ohr „Darf ich dich küssen?“ Gänsehautmoment pur. Und ein super Beispiel für Konsens.

Warum ist Konsens wichtig?

Er fragt dich und das ist gut so, denn …

  • Vielleicht war das Date zwar wunderschön, aber du fühlst dich heute nicht nach einem Kuss.
  • Oder du möchtest ihn erst noch etwas besser kennenlernen.
  • Oder du hast Angst, er deutet den Kuss als Zeichen dafür, noch weiter gehen zu können.

Deshalb ist es wichtig, zu fragen, was du willst.

Schließlich kann er nicht in den Kopf schauen und gerade in intimen Momenten davon auszugehen, dass die andere Person das Gleiche will, ist schlichtweg nicht mehr zeitgemäß.

Was ist Einvernehmlichkeit überhaupt?

Das Prinzip, von dem ich hier spreche, nennt sich Konsens (oder auf Englisch consent), und stammt vom lateinischen Wort consensus ab, was Zustimmung oder wechselseitiges Einvernehmen bedeutet.

Früher spielte Einvernehmlichkeit, vor allem in Hinblick auf sexuelle Handlungen, nahezu keine Rolle. Mit gesellschaftlichen Veränderungen und durch diverse Debatten wie z. B. #metoo wurde das Thema immer präsenter. Dennoch achtet immer noch nicht jede:r darauf, die Zustimmung einzuholen, bevor ein (sexueller) Schritt gegangen wird.

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Ja, ich will

Fragen gehört im Alltag zum guten Ton

Konsens leben wir im Alltag oft ganz selbstverständlich. Wir bringen dem Nachbarn sein Paket und fragen: „Darf ich hereinkommen?“ Wir bleiben auf ein kurzes Gespräch in seiner Wohnung und bewundern einen besonderen Zauberwürfel auf seinem Sideboard. „Darf ich den mal anfassen?“, fragen wir höflich. Im täglichen Miteinander wahren wir die Grenzen des anderen. Warum handhaben wir das in anderen Bereichen nicht genauso?

Wo Konsens häufig im Alltag fehlt

Wir müssen dringend weg davon, Dinge als selbstverständlich anzunehmen, die das eigentlich gar nicht sind. Und das trifft auf so vieles mehr zu als nur beim Sex:

  • Kleinen, fremden Kindern streicht man nicht einfach über die Wange, man fragt.
  • Einer schwangeren Person fasst man nicht ungefragt an den Bauch, man fragt.
  • Den Hund, mit dem jemand Gassi geht, fasst man nicht einfach an, man fragt.
  • Den Afro einer unbekannten Person fasst man nicht einfach an, man fragt.

Gerade im zwischenmenschlichen Bereich kommt es sehr oft vor, dass wir die Grenzen nicht wahren. Durch unüberlegte Handlungen übertreten wir eine Grenze und verletzen den Schutzraum einer großen, kleinen, schwangeren oder fremden Person. Zu fragen, kostet nichts. Einfach drauflos zu grapschen kostet leider schon etwas: nämlich das Vertrauen oder die Selbstbestimmtheit des oder der anderen.

Fragen als Romantik-Killer?

Geht es um Sex, Zärtlichkeit oder Intimität, kommt oft als Gegenargument zum Konsens: Das ist nicht romantisch, das ist zu wenig spontan, das ist nicht sexy.

Perspektivwechsel gefällig? Es kommt nur darauf an, wie man es macht. Denkt an die gehauchte Frage zu Beginn des Textes. Und an den daraus entstehenden Gänsehautmoment. Konsens kann durchaus romantisch, sinnlich, spontan und sehr sexy sein.

Wie funktioniert Konsens konkret

Bei allen sexuellen Handlungen solltest du vorher ein Okay einholen.

  • Küssen
  • Intime Stellen berühren
  • Eindringen
  • Sexuelle Praktiken
  • Sex-Toys

Das klingt auf den ersten Blick vielleicht nach viel, ist aber letztlich nur eine Sache der Gewohnheit.

Stell dir folgende Fragen:

  • Wie würde ich gerne gefragt werden?
  • Wie kann ich es romantisch, wild, sexy, leidenschaftlich sagen?
  • Mit welchen Körpersignalen kann ich fragen oder zustimmen?

Wenn du unsicher bist, frage deine:n Freund:innen, was sie/er sich wünschen würde und lasse dich inspirieren.

Und entspann dich: Es ist noch kein(e) Konsens-Meister(in) vom Himmel gefallen

Meine Konsens-Inspirationen für dich

Du kannst eine Frage stellen: „Darf ich dir dein T-Shirt ausziehen?“

Du kannst aber auch einen Wunsch äußern: „Ich würde dich gerne nackt sehen“.

Beides kann sehr erregend und anheizend sein und muss keinesfalls die Stimmung zerstören.

Du kannst deine Kommunikation individuell der Sex-Situation anpassen. Geht es gerade hitzig zwischen euch her, wirst du vermutlich anders kommunizieren, als während eines super romantischen, liebevollen Augenblicks. Dein Wunsch oder deine Frage können dementsprechend beispielsweise ein sanftes Ins-Ohr-Raunen oder leidenschaftlich gestöhnte Worte sein.

Alternative Arten Konsens einzuholen

Gespräch über Sex

Aber keine Sorge. Auf Konsens zu achten, heißt nicht, dass du während des Sexes die ganze Zeit reden musst. Konsens kann nämlich auch vorab erteilt oder erfragt werden.

  • Du kannst vor dem Sex besprechen, was für Praktiken erwünscht sind und welche nicht.
  • Genauso, wie welche Zonen nicht berührt werden dürfen und
  • Was gar nicht gefällt und No-Gos sind.

Zu viel Scham? Dann spielt doch einfach dieses Kartenspiel miteinander, um euch sexuell besser kennenzulernen.

Nonverbaler Konsens

Je besser man sich kennt und je vertrauter man miteinander umgeht, desto besser kann man auch nonverbale Signale deuten.

Dann reicht auch oft eine Geste aus, um anzudeuten, dass man etwas will oder nicht will. Du kannst z. B. ganz sanft die Hand deines Gegenübers nehmen und in Richtung deiner intimen Stellen lenken, weil du dort berührt werden möchtest. Dann kann die andere Person immer noch entscheiden, ob sie dich dort berühren will.

Safe Words aus dem BDSM

Du kannst Safe Words oder andere Signale aus dem BDSM in dein Liebesspiel übernehmen, um Konsens herzustellen. Lies dazu mehr hier.

Konsens in Langzeitbeziehungen

Ich persönlich bin ein großer Fan davon, auch in Langzeitbeziehungen Konsens zu leben. Leider erlebe ich oftmals das Gegenteil. Während sie am Herd steht, wird ihr von hinten ungefragt an die Brüste gefasst. Selbst, wenn es vom Liebsten kommt, sorgt es oft für Wut, Unverständnis, Zorn – und letztlich für Vertrauensverlust, was zu Lustlosigkeit führt.

Fragen kann helfen. „Hast du Lust zu schmusen?“, „Darf ich dich berühren?“, oder einfach nur „Hast du gerade Zeit“ hilft solche – für beide – unangenehme Situationen zu vermeiden. Du denkst jetzt vielleicht: „Das wird ja total unromantisch, wenn ich dauernd fragen muss.“ Finde ich nicht. Wenn mir jemand ins Ohr raunt: „Darf ich dich küssen?“, „Darf ich dein T-Shirt ausziehen“ oder „Ich möchte dich nackt sehen“. Dann bekomme ich Gänsehaut, wie bei der Netflix-Serie „Bridgerton“. Romantisch und sexy finde ich das.

Mehr zum Thema „Was macht eine gute Partnerschaft aus?“ findest du hier.

Übung macht den/die Konsens-Meister:in

Das Ganze ist natürlich erstmal Gewöhnungssache. Wahrscheinlich fühlt sich nicht nur das Fragen, sondern auch das Äußern von Bedürfnissen (und dazu zählt eben auch, wenn man etwas nicht will) zunächst ungewohnt an. Doch mit der Zeit kommt die Routine und damit die Leichtigkeit. Versprochen.

Konsens ist auch eine Möglichkeit, dich und dein Gegenüber näher kennenzulernen. Wenn du erst einmal in Erfahrung gebracht hast, ob dein:e Partner:in diese eine Sache gerade wirklich möchte, weißt du mit Sicherheit, dass ihr beide darauf Lust habt, und er oder sie nicht einfach nur mitmacht.

Außerdem zeigst du so, dass du dein Verlangen nicht über das Wohlbefinden deines Gegenübers stellst, und drückst aus: Es ist ok, wenn etwas nicht ok ist.

Und das vielleicht Wichtigste: Ja, auch Frauen dürfen nach Zustimmung fragen, und Männer dürfen genauso Nein sagen.