Als ich Klaus zum ersten Mal gesehen habe, saß er in einem Zebra-Kostüm auf einem Sofa. Das war beim SWR Nachtcafé zum Thema „Porno oder Fetisch – können wir noch normal Sex haben?“ Ich war eingeladen, um über mein Buch zu sprechen, Klaus sollte über seinen Fetisch berichten. Denn ein Zebra zu sein, turnt ihn an.
Lieber Klaus, was ist Petplay?
Petplay ist eine BDSM-Spielart. Dabei schlüpft ein Partner in die Rolle eines Tieres. Jede Tierart ist möglich: Pony, Hunde oder Katzen sind die häufigsten. Ich habe aber auch schon Füchse, Schafe und Varianten von Würmern gesehen.
Was ist für dich das Tolle an Petplay?
Es geht darum, die charakteristischen Eigenschaften des Tiers zu übernehmen: sich zu benehmen wie das Tier, zu laufen, zu denken und zu fühlen wie das Tier. Dabei lege ich sämtliche menschliche Eigenschaften ab.
Ist Petplay ein Fetisch?
Das klingt nach viel Spaß, aber was hat das mit deiner Sexualität zu tun?
Ich habe einen Fetisch für enganliegende Kleidung und es macht mich an ein Zebra zu sein.
Wie hast du entdeckt, dass dich Petplay sexuell stimuliert?
Das Interesse war schon lange da. Schon im letzten Jahrtausend habe ich im Internet Bilder gesehen und fand das erregend. Ich habe dann in der Tageszeitung gesehen, dass beim Hamburger CSD „Ponyplayer“ herumlaufen. Ich bin hin, habe Fotos gemacht und es mir fasziniert angeschaut.
In der Parade der Pony Player war noch ein Platz frei, schließlich kam ein Gespann mit (menschlichen) Ponys, die einen Sulky (eine Art kleine Kutsche) zogen. Die mussten wenden, um hineinzukommen. Ohne ein Wort, nur mit Zügelhilfe, wurde rückwärts eingeparkt. Die haben das Spiel perfekt beherrscht. Da wusste ich: „Das will ich auch sein“.
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Wie erregend ist Petplay?
Du bist also Petplayer geworden, doch wieso gerade ein Zebra?
Auf Ebay habe ich den Zebra-Anzug entdeckt und für 30 Euro bestellt. Als ich ihn anzog, war da so ein WOW-Gefühl. Das Zebramuster auf meiner Haut, meine Hände in dem Zebramuster … das hat was mit mir gemacht. In mir steckt ein Zebra, das will ausgelebt werden.
Apropos ausgelebt. Wie erlebt das Zebra Sex?
Sex passiert auf verschiedenen Ebenen. Den Anzug anzulegen, versetzt mich in Erregung. Doch diese Erektion kann ich nicht über Stunden halten, immerhin ziehe ich einen Sulky und das ist schwere Arbeit. Die körperliche Erregung lässt daher nach, aber im Kopf bleibt sie.
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Wie geht Partnerschaft und Petplay zusammen?
Es macht dich an, wenn du den Sulky ziehst?
Es ist wie ein Spiel. Ich bin das Zebra. Ich bin ein Stückchen Tier. Es ist kein Schauspiel, ich übernehme Handlungsweisen und Arten des Tiers. Als Zebra verändert sich meine Wahrnehmung, ich bin instinktiver, entscheide, ob eine Bedrohung besteht, weiche gegebenenfalls zurück. Wenn ich vor dem Sulky bin, reagiere auf Zügelkommando. Wenn ich dem Kommando nicht folgen mag, dann braucht es mehr Druck seitens meiner Partnerin.
Was hält deine Partnerin von Petplay?
Meine Partnerinnen habe ich immer schon im BDSM- und Fetisch-Umfeld gesucht. Daher musste ich mich mit meiner Vorliebe nie wirklich outen. Meine jetzige Partnerin hat Spaß an diesem Spiel.
Wie aus Spiel Sex wird
Wie wird aus dem Spiel Sex?
In der Tierrolle haben wir keinen Sex. Das ist für uns mehr wie eine Erweiterung, wie ein Vorspiel. Andere handhaben das anders, die haben direkt Sex als Tier oder danach. Doch für uns ist das nichts.
Für euch ist es ein Hobby?
Nein, dazu ist der erotische Aspekt zu stark.
Wie reagieren andere auf das Zebra?
Irritiert es die Menschen, wenn ein menschliches Zebra einen Sulky zieht?
Wir versuchen es so zu machen, dass wir niemanden irritieren. Normalerweise checken wir vor einer Ausfahrt das Waldstück, ob es abgelegen genug ist. Doch seit Corona findet man kaum noch unberührten Wald, alle Wege sind voll Familien und neuen Hundebesitzer:innen. Die sind dann meist so überrascht, dass sie gar wissen, was sie sagen wollen.
Wie oft genießt ihr euer Petplay?
Am Beziehungsanfang war es sehr aufregend, doch dann ist es wie bei allen langjährigen Paaren etwas erlahmt – und eine Ausfahrt im Wald braucht auch etwas mehr Vorbereitung. Meistens genießen wir es nur noch selten, bei Veranstaltungen oder Treffen mit Freunden.
Tina Molin arbeitet seit über 20 Jahren als Journalistin. Dann wurde sie Mutter – und plötzlich war ihre Lust weg. Daraus folgte der Blog „Happy Vagina“ und das Interesse an weiblicher Sexualität & Lust. Im Mai 2021 erschien ihr Buch „Endlich wieder Lust auf Sex“ (Goldmann Verlag). Tina arbeitet als Mentorin und begleitet Frauen in ihr lustvolles Leben. Sie schreibt die Kolumne „Sex ab 40“ für Stern und lebt mit Mann und Kind in Berlin. (Foto: Verena Berg)