Beckenboden stärken

Beckenboden stärken: Weshalb das wichtig ist

Ein elastischer Beckenboden ist wichtig für die Gesundheit – und die Sexualität. Beckenboden-Spezialistin Ann-Kathrin Foß erklärt dir, wie du ihn richtig trainierst.

Der Beckenboden ist der heimliche Superstar des Körpers. Ganz leise verrichtet er seine Arbeit und man bemerkt ihn erst, wenn er aus der Balance gerät. Dann kommt es zu Blasenschwäche, Rückenschmerzen oder Lustlosigkeit. Denn der Beckenboden ist auch ein „Liebesmuskel“ und kann die Lust und die Orgasmen von Frauen beflügeln.

Was und wo ist der Beckenboden überhaupt?

Beckenboden ist eine dreilagige Muskelgruppe, die sich wie eine Hängematte schützend rund um Vulva, Vagina und Anus mit Blase und Darm legt und dafür sorgt, dass alles da bleibt, wo es hingehört. Die Muskeln erstrecken sich vom Schambeinknochen bis nach hinten zum Kreuz- und Steißbein, seitlich setzen die Muskeln an beiden Sitzbeinhöckern an. Für den Enddarm, die Harnröhre und Scheide führen Öffnungen durch die Muskelplatte hindurch.

Wieso ist diese Muskelgruppe so wichtig?

Den Beckenboden kann man sich am besten wie eine Hängematte vorstellen, die sich zwischen dem Becken spannt. Die verschiedenen Muskeln und Bänder halten dabei Blase, Darm, Gebärmutter, aber auch Darm und viele weitere Organe an ihrer Stelle. Wird der Beckenboden zu schwach (etwa nach einer Geburt), dann verliert er seine Spannung und hängt durch. Für so etwas gibt es Rückbildungskurse und Beckenbodentraining, das übrigens für jede Frau sinnvoll ist. Denn ein vernachlässigter Beckenboden kann zu Organverschiebung führen, aber auch zu Problemen im Verdauungsbereich, bei der Wirbelsäule und sogar sexuelle Unlust.

Wie finde ich heraus, ob der Beckenboden zu schwach ist?

„Solltest du jemals auch nur einen Tropfen Urin ungewollt verlieren oder das Gefühl eines Fremdkörpers in deiner Vagina haben oder Schmerzen im Bereich deiner Vulva oder Vagina haben, dann ist der Beckenboden aus der Balance und es ist es Zeit für Hilfe“, erklärt Ann-Kathrin Foß, Physiotherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, die sich auf Beckenbodentherapie spezialisiert hat.

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Ist das auch ein Thema für Männer?

Eigentlich für alle. Und zwar noch bevor eine Beckenbodenschwäche auftritt. Denn vor allem durch das berufsbedingte viele Sitzen (durch das Home-Office sogar noch mehr) leidet der Beckenboden. Bei Frauen in den Wechseljahren ermüdet der Beckenboden zusätzlich durch den Abfall von Östrogen, auch Mütter sollten trainieren, damit ihr Rumpf wieder stabil wird und sich die Muskeln und Bänder zurückbilden.

Nicht nur die Prostata verdient Aufmerksamkeit

Aber auch die Männer sind gefragt, denn der Beckenboden ist kein frauenspezifisches Thema. „Eine gute schwingende Beckenbodenmuskulatur sorgt bei Menschen mit Penis für eine gute Standhaftigkeit, eine pralle Erektion und geile Orgasmen“, erklärt Ann-Kathrin Foß. Sollte es an dieser Stelle zu Schwierigkeiten kommen, sollte sich der Betroffene nicht nur mit der Prostata, sondern auch mit dem Beckenboden auseinandersetzen und wieder Schwung in die Muskulatur bringen.

Beckenboden und Sexualität

Der Beckenboden ist der Resonanzboden für die Sexualität. Ein gut trainierter Beckenboden, der gut an- und auch entspannen kann, kann auch das Lusterleben und den Orgasmus intensivieren. Er steigert die Durchblutung der Vagina und Vulva und sorgt für mehr Empfindungsfähigkeit. Außerdem ist der Beckenboden dann fähig sich zusammenzuziehen, was wiederrum für eine Verengung der Vulva sorgt – also intensiveres Wahrnehmen von ihr und ihm bei der Penetration. Obendrein wirkt der Beckenboden wie ein Verstärker der Lust im Körper der Frau. Die Energie pulsiert durch den Körper und wird durch einen gut trainierten Beckenboden verstärken, was zu mehr und intensiveren Orgasmen führt. Man sollte diesen „Liebesmuskel“ also unbedingt in Schuss halten.

Achtung vor ZU viel Training

Es gibt die irrtümliche Ansicht, dass ein Beckenboden „stark“, „trainiert“ und „hart“ sein muss. Das ist eine weitverbreitete Fehleinschätzung. Der Beckenboden muss vor allem elastisch sein. Es ist ganz wichtig, dass zu verstehen und zu verinnerlichen. Ein guter Beckenboden ist flexibel, er schwingt, er hält die Balance zwischen weich und hart. „In der Physiotherapie sagen wir dazu „einen Hyper Tonus entwickeln“. Hyper von zu viel und Tonus von Spannung, also es gibt ein zu viel an Spannung in der Beckenbodenmuskulatur“, erklärt Ann-Kathrin Foß.

Vaginismus und Beckenboden

Ein zu verkrampfter Beckenboden mit starker Muskelspannung wird Vaginismus genannt. Betroffene können dann noch nicht einmal einen Tampon einführen, geschweige denn Sex haben, ohne dass es zu Schmerzen kommt, es fühlt sich an, wie gegen eine Wand zu stoßen. Dann helfen Entspannungsübungen, Dilatoren und therapeutische Beratung, da Vaginismus meist aus psychisch motivierten Gründen und mangelnder Körperwahrnehmung und Aufklärung entsteht.

Ein Ansatz: Kegel-Training

Das Kegeltraining wurde von Arnold Kegel erfunden und nach ihm benannt. „Aus Sicht von vielen Expert:innen sind die Übungen gut, reichen aber nicht aus, um die Beckenbodenmuskulatur alltagstauglich zu trainieren. Kegelübungen separieren die Beckenbodenmuskulatur, während wir heutzutage wissen, dass die Beckenbodenmuskulatur in ein großes Netzwerk an Faszien und Muskeln eingebunden ist und es Sinn macht, auch die umliegenden Strukturen mit zu trainieren. Der Begriff dafür ist ‚funktionales Training‘“, sagt Ann-Kathrin Foß.

Text: Tina Molin

Foto: shutterstock.com/B-D-S Piotr Marcinski

Unter dem Text findest du Ann-Kathrins Übungen, um den Beckenboden zu trainieren

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