Sophie Andresky lebt in Berlin und ist Deutschlands erfolgreichste Porno-Autorin. Auch wenn ihre Werke wohl in den Bereich der erotischen Literatur fallen, trifft Porno es viel besser. Sophie Andreskys Sprache ist unverblümt, saftig und auf den Punkt. Alles wird beim Namen genannt und nix wird romantisierend umschrieben. So macht lesen Spaß 😉 Neben Romanen schreibt sie Kolumnen für den Playboy, Penthouse und Joyclub. (hier gehts zur Buchbesprechung „Hotel D’Amour“)
Fangen wir mal von vorne an, wie bist du Porno-Autorin geworden?
Aus Notwehr. Mit fünfzehn oder sechszehn stellte ich fest, dass ich Verbalerotikerin bin, mich macht es einfach an, über Sex zu reden und erotische Stellen zu lesen. Leider gab es aber kaum was. Entweder waren das Jungsbücher mit doofen Frauenklischees (blasegeil und unterwürfig), oder es waren soziologisch verschwurbelte Selbsthilfebücher zwischen Menstruationsverehrung und emanzipatorischer Befreiung. Beides war komplett humor- und spaßfrei. Also dachte ich mir: Mach ich es mir doch einfach selbst. Und dann habe ich angefangen Geschichten, zu schreiben mit Heldinnen, die über sich lachen können, und Männern, für die Klitoris kein Vorspeisenteller beim Griechen ist.
Ich habe gelesen, du schreibst feministische Porno-Literatur. Was bedeutet das?
In meinen Büchern ist die Welt, wie sie meiner Meinung nach sein sollte: Frauen haben jede Menge Spaß im Bett, sie wissen, was sie wollen und sie holen es sich. Meine Heldinnen entschuldigen sich für nichts. Sie vögeln fröhlich herum und sie leben nach ihren Regeln. Sie lassen sich nicht sagen, wie sie zu fühlen und zu handeln haben. Sie sind keine Sex-Dienstleisterinnen, sondern leben ihre Lust aus. Meine Romane sind Pornos für Frauen. Manche Feministinnen finden Pornos generell unemanzipiert. Aber ich finde: Sex an sich ist noch nicht frauenfeindlich. Was bitte kann es Emanzipierteres geben als sexuell erfüllte Frauen, die sich von niemandem in ihre Lust reinquatschen lassen?
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Ja, ich will
Ich lese gerade dein Buch „Hotel D´Amour“. Es ist sehr lebendig geschrieben. Man könnte denken, du hast vieles (wie z.B. den Masturbationsworkshop) selbst erlebt. Woher kommen deine Inspirationen? Wie viel von deinen Geschichten ist selbst erlebt.
Manches habe ich erlebt, anderes gehört, gesehen oder mir ausgedacht. Natürlich habe ich nicht alles probegevögelt, was in meinen Büchern vorkommt, ich bin Autorin, also Geschichtenerzählerin. Wenn ich Krimiautorin wäre, würde ich ja auch nicht nachts mit der Kettensäge durch den Stadtpark ziehen. Ich bin immer auf der Suche nach skurrilen und spannenden Sex-Facts, spreche mit vielen Menschen und höre mir ihre Geschichten an. Sex ist ein tolles Thema, es wird immer interessanter, je mehr man sich damit beschäftigt.
„Hotel D´Amour“ spielt teilweise in den 20er-Jahren. Wie kamst du auf die 20er?
Die zwanziger Jahre sind eine unglaublich spannende Epoche voller Widersprüche. Die Frauen emanzipierten sich, sexuell wurde es – zumindest in den Großstädten – sehr freizügig. Die Definitionen, was männlich und was weiblich ist, was normal und was pervers wurden hinterfragt. Es war schrill, schillernd und brodelnd. Auf der einen Seite gab es eine große Not in der Bevölkerung, auf der anderen überbordernden Luxus. Politisch war es ein Pulverfass, kulturell eine absolute Blütezeit. Ausschlaggebend für mich war aber Anita Berber, die skandalöseste Nackttänzerin Berlins, die ein kurzes und extremes Leben hatte und die ich schon immer mal als Heldin haben wollte. Ich bin mit den historischen Fakten frei umgegangen, vieles in meinem Roman stimmt aber.
Es ist kein Geheimnis, dass du unter einem Pseudonym arbeitest und großen Wert auf deine Anonymität legst. Woran liegt das? Hattest du schon mal ein unangenehmes Erlebnis, weil du Pornos schreibst?
Ein paar Mal habe ich bei Dates gesagt, dass ich Pornos schreibe, entweder die Männer fingen dann an zu grabbeln oder sie waren völlig eingeschüchtert. Ich sag jetzt immer, ich bin Krimi-Autorin. Offenbar ist der Gedanke an eine Frau, die beruflich Menschen jagt und zerstückelt weniger bedrohlich als eine, die Spaß im Bett hat. Unter Pseudonym arbeite ich aus zwei Gründen: Ich möchte natürlich mein Privatleben schützen, ich habe überhaupt keine Lust, beim Bäcker gefragt zu werden, ob sich der neue Klitorisvibrator lohnt. Außerdem liegt mir das Rampenlicht einfach nicht. Ich werde nie verstehen, warum alle Welt berühmt sein will, ich will das jedenfalls nicht. Der andere Grund ist die Privatsphäre meiner LeserInnen. Wenn sie sich von meinen Bücher scharf machen lassen, sollen sie das tun, ohne von mir als Person abgelenkt zu werden. Wer gern glauben möchte, dass ich eine nordische Walküre mit H-Körbchen bin, soll sich das so vorstellen. Wer mich lieber als zarte Geisha hätte, auch schön.
Wie hat sich dein Leben und vor allem dein Sexualleben verändert, seit du Porno-Autorin bist.
Ich glaube nicht, dass man das trennen kann, weil ich spät mit echtem Sex und früh mit dem Schreiben angefangen habe, das war von Anfang an verknüpft. Berufsbedingt ist sicherlich, dass ich manchmal schon beim Frühstücksei über Dinge wie Gleitgel oder G-Punkt-Unterspritzung rede. Meine Hemmschwelle bei solchen Themen ist auf jeden Fall niedriger als offenbar normal ist, das stelle ich immer dann fest, wenn ich mit Familie oder Freunden zusammen bin und dann plötzlich ein peinlich berührtes Schweigen eintritt. Dann merke ich, uuups, da hab ich wohl wieder was gesagt, das unangebracht war.
Was fehlt der weiblichen Welt noch?
Ernsthaft? Ne Menge. Gleiche Bezahlung, gleiche Rechte, die gleiche Präsenz in den Medien, die gleiche Wichtigkeit bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen. Ernst genommen zu werden. Absolute körperliche Unversehrtheit. Wir müssen uns aber auch an die eigene Nase packen und dafür einstehen, was wir wollen. Solidarisch sein mit den Frauen, die kämpfen und die sich in die Nesseln setzen. Und uns nicht gegenseitig abwerten als zu mädchenhaft, zu zickig, zu fett, zu hässlich, zu alt, zu schlampig, zu prüde, zu zu.
Was ist dein ultimativer Tipp an Frauen?
Sex ist kein Lifestyle-Produkt. Ihr braucht nicht superjung, megaknackig, perfekt trainiert und mit den Liebeskünsten einer Kurtisane ausgebildet zu sein. Ihr braucht keine teuren Dessous und kein Sex-Workout. Fragt euch, was euch Spaß macht, und nicht, wie ihr es dem Mann am besten besorgt. Wenn ihr euch fragt: Bin ich schön oder liebenswert genug, ist die Antwort ja. Ihr seid keine Dienstleisterinnen, also gebt euch nicht zufrieden mit einem perfekten Blow Job. Orgasmen sind ein Grundrecht, kein Trinkgeld nach erfolgreicher Performance. Kennt euren Körper und schätzt ihn. Hasst euch nicht, hungert nicht, zerstört euch nicht. Verlasst toxische Beziehungen. Sorgt für euch. Wartet nicht auf den Prinzen. Und versucht nicht, Prinzessinnen zu sein. Wir sind Drachentöterinnen. Geht raus und tötet Drachen!
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War schon immer von Sex und der Macht, die er mit sich bringt, fasziniert. Wild, frei und selbstbestimmt liebte und lernte sie all die aufregenden Seiten von Sex kennen. Sie hat als Stripperin, Performerin, Domina und Model gearbeitet. Dann wurde sie Mutter und Sexological Bodyworkerin. Heute veranstaltet sie erotische Kuschelpartys und Sexpartys nur für Frauen. Ihre sexuelle Orientierung bezeichnet Mona als prosexuell – sie probiert alles aus. Mit ihrer offenen und verspielten Art will sie andere Frauen inspirieren, die eigene Sexualität kennen- und lieben zu lernen. (Foto: Victor Hensel-Coe)
Wie interessant! Danke fürs Interview!